CRISTA GIPSER . BILDENDE KÜNSTLERIN

Orte, Plätze und die Architektur

Der Ausgangspunkt der Arbeiten von Crista Gipser sind vorwiegend entdeckte Orte, Plätze und die Architektur. In ihrer Werkserie ZWISCHENWEISS + WEISS sind es Innenräume, oft Kathedralen, alte Kirchen, archäische Kultstätten, öffentliche Räume, die eine besonders spürbare Ruhe und kraftspendende Ausstrahlung haben. Ist so ein Ort gefunden, dann begibt sich die Künstlerin auf die Suche nach einem Grundriss, um die architektonische Vollkommenheit mit dem Raum aufzunehmen.

Die Freiheit der Malerei

Für den Entstehungsprozess bedeutsam ist es, dass die realen Bilder aus der Erinnerung entstehen und nicht als Abbild einer Fotografie. Hierin liegt die Freiheit der Malerei, Kraft und Ausdruck einer erlebten Situation darzustellen. Crista Gipser arbeitet mit fast archaischen Mitteln: viele fein übereinander gelegte Schichten, meist monochrome Farbverwandschaften, wie bei den Bildern ZWISCHENWEISS + WEISS. Die Farbkontraste und Tiefen werden innerhalb dieser Farbe fein ausgewählt und in vielen Abstufungen aufgetragen.

Stille und Kommunikation

Linien horizontal und vertikal öffnen den Blick auf Weite und verweisen auf den Grundriss des Raumes, der nun mit malerischen Mitteln dargestellt wird. Oft sind es grobe Linien, die wie Fugen durch die helle Farbe glitzern und dem Bild seine Geschichte geben. Es geht immer um Stille und um Kommunikation, nicht nur zwischen Leinwand, Farbe und Komposition, sondern auch zwischen dem Werk und dem Inhalt.

Harmonie und Disharmonie

Dabei ist das Spiel mit der offenen und geschlossenen Form für Crista Gipser absolut wichtig. Die geschlossene Bildfläche wird immer wieder durch Einschnitte zerstört und mit einer – meist schwarz/weißen – Irritation durchbrochen. Diese Irritation befindet sich außerhalb der Bildmitte und erhöht die Spannung zwischen Harmonie und Disharmonie. Sie suggeriert Bewegung und bringt, wie ein Vorübergehender an einer Wand, einen neuen Rhythmus in das Bild.

Baukasten der Formen

Die einzelnen Teile der Bilder führen eine eigene Existenz, haben eine eigene Persönlichkeit, die sie zu Individuen macht. Daher hat die Künstlerin diese Teile einzeln aus der Malerei herausgelöst und in ihren Grafiken sichtbar werden lassen. Dort zeigen sich diese als eigenständige, architektonische Elemente und als “Baukasten der Formen“, wie Crista Gipser ihn bezeichnet. Aus diesem bedient sie sich in allen ihren Arbeiten. Mit den herausgenommenen, schwarz dargestellten, grafischen Formenelementen werden die Arbeiten besonders sichtbar und verständlich – Zieht sich doch diese Formensprache wie ein roter Faden durch ihr gesamtes Werk.

Die Austauschbarkeit der einzelnen Formenelemente, der Prozess des Sehens zwischen Konstruktion und Destruktion wird für den Betrachter bewusst sichtbar. Die Bilder erhalten somit eine offene, variable Struktur, immer veränderbar, immer im Experiment.

Dasania Weber
Kunsthistorikerin